September 2014

Wenn die Zahnteufel kommen

Episode 19

Zwerge von heute putzen ihre Zähne noch bevor sie überhaupt denken können. „Vom ersten Zahn an!“, heisst die Devise und ich erinnere mich noch an mein Erstaunen, als mir vom Kinderarzt die erste Zahnbürste für meinen sechs Monate alten Zwerg überreicht wurde. „Zum Angewöhnen“ sei das Ding, das eher aussah wie ein Beissring mit ein paar Borsten. Wir nahmen es brav mit nach Hause.

Es funktionierte: Die Zwerge reinigten fleissig ihre ersten Beisserchen. Sie kannten nichts anderes. Sie sprangen manchmal sogar panisch wieder aus dem Bett auf und rannten ins Badezimmer, weil sie vergessen hatten, die Zähne zu putzen. Zu gross war die Angst vor den bösen Zahnteufeln, die sich sonst nachts an ihren Zähnchen zu schaffen machen könnten.

So funktionierte die Kariesprophylaxe lange Zeit hervorragend. Das Ritual war eingefleischt. Bis die Zwerge anfingen, es zu hinterfragen. Wer waren diese Zahnteufel genau und wie kamen sie in den Mund? Und wie können Zähne schwarz werden und Löcher kriegen? Sie hatten so etwas nämlich noch nie gesehen. Menschen mit kaputten, schwarzen Zähnen trifft man heute so gut wie gar nicht mehr an. Und der Räuber Hotzenplotz zählt ja wohl nicht wirklich. Sogar der gefürchtete Zahnarztbesuch, der mich als Kind noch zum Putzen motivierte, macht heute nicht mehr wirklich Angst, sind die Zahnärzte doch inzwischen alle kindergerecht eingerichtet und furchtbar nett.

Ich war also ziemlich hilflos und wich aus auf die Es-ist-nun-mal-so-Methode: „Ihr putzt euch einfach die Zähne, weil es wichtig ist! Alle Leute tun das.“ Das funktionierte zwar, war aber nicht wirklich überzeugend. Und es musste vor allem jeden Abend wiederholt werden. Bis endlich meine Rettung kam. Das war, als Tony, der arme Mops, eines Tages Zahnschmerzen kriegte. Ein kurzer Blick der Tierärztin in seinen Mund genügte, um den dringenden Handlungsbedarf zu erkennen. „Hier müssen einige Exemplare raus“, erklärte sie. „Die können wir nicht mehr retten“. Nach der Behandlung, Tony war gerade aus der Vollnarkose erwacht, fragte mich die Ärztin, ob ich die Zähne sehen wolle, die sie gezogen hatte. Ich blickte fasziniert auf die schwarzen, von Zahnstein und Karies zerfressenen, ekligen Stummelchen. „Oh ja“, antwortete ich, „die will ich sogar mit nach Hause nehmen! Ich glaube, ich muss sie jemandem zeigen…“ Seither geht es uns allen besser und das Zähneputzen wieder von allein.

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September 2014

Im Museum

Episode 18

Letztes Wochenende stand ein Besuch im Naturhistorischen Museum auf dem Zwergenprogramm. Und zwar nicht einfach mit Mami oder Papi, sondern mit dem Zwergenopa – was natürlich noch viel aufregender ist. Da kriegt man die volle Aufmerksamkeit und alle Zeit der Welt, die Dinosaurierskelette, Versteinerungen und ausgestopften Tiere von allen Seiten zu beobachten. Und man kann so oft „Was ist das?“ fragen, wie man will, man kriegt immer eine ausführliche Antwort.
So kamen also die Zwergenprinzessinen voller neuer Erkenntnisse und Eindrücke von ihrer Expedition in die Vergangenheit nach Hause. Bewaffnet mit dem Museums-Memory.

Es ist überflüssig zu erwähnen, dass wir die darauffolgenden Tage damit verbrachten, Memory zu spielen. Nicht nur, dass damit mein Kurzzeitgedächtnis hart auf die Probe gestellt wurde (wie können die sich das bloss immer so schnell merken?), ich wurde auch auf mein Allgemeinwissen hin getestet.
„Weisst du, was das ist?“, werde ich gefragt, als die Karte mit dem Mammut aufdecke. Völlig klar, dass das neu erworbene Wissen demonstriert werden will. „Keine Ahnung“, antworte ich brav, „ein Elefant mit Haaren?“ – „Neeeeiiin! Das ist ein Mammut!“- „Oh, ach so“. Weiter gehts: „Und was ist das?“- „Ein Fuchs?“ – „Neeeeiiin! Ein Schneehund, natürlich!“ Augenrollen – wie kann man so ein Banause sein? Dann kommt der Homo Erectus. „Das ist jetzt aber ein Affe!“, provoziere ich. „Neeeeiiin! Das ist im Fall ein gestorbener Mensch! Der hat nur ein Affengesicht, aber sonst nichts.“ – „Wirklich wahr?“ – „Ja, die sahen einfach so aus, die alten Menschen. Aber die Frauen nicht. Die waren hübsch.“ Dann bin ich ja beruhigt.

Zu guter Letzt kommt eine Versteinerung. „Ist das eine Schnecke?“, frage ich vorsichtig. „Ja! Und weiss du, wie gross die ist?“ – „Hmmm … vielleicht so?“, antworte ich und zeige mit den Fingern einen kleinen Abstand. „Neeeeiiin! So gross wie dieser Tisch! Also wirklich!“ Jetzt reicht’s der Zwergenprinzessin. Mit so viel Unwissen kann sie einfach nicht mehr umgehen. Nach einer bedeutungsvollen Pause sieht sie mich an und seufzt: „Mama, es ist also wirklich mal Zeit, dass du ins Maturistische Museum gehst! Und ruf den Opa an. Damit er’s dir erklärt“. Ok. Dann weiss ich jetzt, was ich zu tun habe…

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